„Das Ziel muss sein, möglichst viel zu nutzen“

Zu Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn beschäftigte sich Philipp Theuring damit, Wasserprobleme zu lösen. Heute baut er Geschäftspartnerschaften auf, um kritische, aus Klärschlammaschen extrahierte Rohstoffe neuen Zwecken zuzuführen.

11 Jan. 2023

Es ist kein Geheimnis, dass sich mit der Ash2Phos-Technologie von EasyMining Phosphor aus verbranntem Klärschlamm zurückgewinnen lässt. Schließlich lässt schon der Name dieser Technologie darauf schließen. Mit diesem Prozess lassen sich jedoch noch weitere wertvolle Ressourcen extrahieren. Philipp Theuring weiß dies besser als viele andere. Seine Aufgabe als Business Developer in der deutschen Niederlassung von EasyMining ist es, Möglichkeiten zu schaffen, um diese weiteren recycelten Ressourcen auf den Markt zu bringen.

Für jemanden mit einem Forschungshintergrund in Hydrologie und Wasserressourcenmanagement ist dies eine recht ungewöhnliche Karriere. Doch für den in Berlin ansässigen Theuring ist dies nach eigenen Aussagen genau das Richtige.

„Forschung macht zwar Spaß, reicht mir aber ehrlich gesagt nicht. Ich möchte positiven Einfluss auf die Welt nehmen“, erklärt er. Ich möchte mich darauf konzentrieren, Projekte umzusetzen, die zum Allgemeinwohl beitragen.

Wechsel von der Forschung in die Umsetzung

Als Forscher beschäftigte sich Theuring von Mitte der 2000er-Jahre bis Mitte der 2010er-Jahre mit den Problemen der Wasserwirtschaft und des Wasserressourcenmanagements. Im Rahmen seiner wissenschaftlichen Laufbahn bereiste er die ganze Welt. Sein Weg führte ihn von der Mongolei bis nach Afrika, und er war sogar an der Royal Swedish Academy of Sciences tätig. Nach Abschluss seiner Promotion an der Universität Potsdam, bekleidete er in einem Unternehmen eine Position, bei der sich alles um Umweltüberwachungstechnologie drehte. Dort gewann er auch erste Einblicke in die Geschäftsentwicklung. Theuring kam 2021 zu EasyMining. Er war begeistert, dass er nun im Rahmen der Kreislaufwirtschaft Nährstoffe nutzbar konnte, die er einst primär als problem betrachtete.   

„Mit meinem Hintergrund stellten Nährstoffe in Wassersystemen eher ein Problem dar“, so Theuring. An EasyMining faszinierte mich, dass sie einen völlig anderen Ansatz verfolgen: Betrachte es nicht als Problem. Sieh es vielmehr als Chance, die Nährstoffe zurückzugewinnen und zu nutzen. Damit lässt sich eine wesentlich bessere Wirkung erzielen.

Der Wert weiterer zurückgewonnener Stoffe

Theuring hat derzeit sehr viele Aufgaben bei EasyMining Germany zu erledigen. Demnächst wird im Chemiepark Schkopau in Sachsen-Anhalt mit dem Bau der ersten industriellen Ash2Phos-Anlage, eines Joint-Venture zwischen dem Wasserversorger Gelsenwasser und EasyMining, begonnen. Die Eröffnung ist für 2025 geplant. Deshalb verbringt er viel Zeit damit, Partner für die nachgelagerten und vorgelagerten Stofftströme der Anlage zu finden und zu diesen eine gute Verbindung aufzubauen. Einen Großteil seiner Energie widmet er dabei zurückgewonnenen Materialien, bei denen es sich nicht um Phosphor handelt.

„Ich konzentriere mich stärker auf die Nebenströme, da diese meiner Meinung nach maßgeblich zum besonderen Erfolg und Nutzen des Ash2Phos-Prozesses beitragen“, so Theuring. Es ist sehr wichtig, aus diesen wirtschaftlich wertvolle Produkte zu erzeugen. Dies verbessert den Business Case für das gesamte Projekt.

Mithilfe von Ash2Phos lassen sich folgende weitere „Nebenströme“ extrahieren:

Eisenchlorid, ein wichtiges Mittel in der Abwasseraufbereitung
Natriumaluminat, ebenfalls eine wichtige Chemikalie für die Wasseraufbereitung und viele weitere Herstellungsprozesse
Silikatsand, der in der Zement- und Betonherstellung Anwendung findet
und sogar der verbleibende „Metallkuchen“, der beträchtliche Mengen an Kupfer und anderen Metallen enthält, die sich einschmelzen lassen

 

Laut Theuring ist die Industrie heute viel empfänglicher dafür, derartige Materialien in die Werteketten aufzunehmen.

„Zahlreiche Unternehmen sind wirklich interessiert daran, Ressourcen möglichst lokal und als Kreislauflösung zu erwerben“, erklärt er. Außerdem wünschen sie sich eine beständige, unterbrechungsfreie Versorgung.

Der heißeste  Markt in der Ressourcenrückgewinnung

Theuring zufolge wird Deutschland schon bald der begehrteste Markt für die Ressourcenrückgewinnung sein, besonders was Phosphor anbelangt. Zum Teil liegt das in Problemen mit den internationalen Lieferketten aufgrund des Weltgeschehens und der steigenden Nachfrage nach zuverlässigen alternativen Quellen begründet. Doch die stärkste treibende Kraft ist die deutsche Regierung, die Gesetze mit neuen Anforderungen verabschiedet. 2032 wird die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm für alle Kläranlagen in Deutschland mit Kapazitäten ab 50.000 Einwohnerwerten verpflichtend. Für einige Anlagen gilt diese Verpflichtung sogar bereits ab 2029.

Theuring ist überzeugt, dass andere Länder, die ebenfalls Chancen für eine Kreislaufwirtschaft innerhalb ihrer Grenzen erkenne, vom Beispiel Deutschlands lernen können.

„Ressourcenrückgewinnung gibt es nicht umsonst“, erklärt er. Sie erfordert hohe Investitionen. Deshalb sind entsprechende Gesetzesänderungen nötig, um dies durchzusetzen.

Er weist jedoch darauf hin, dass die aktuelle Gesetzgebung zwar keine Rückgewinnung einer jeden Ressource, die sich aus Klärschlamm extrahieren lässt, vorschreibt, dies aber trotzdem wichtig ist.

„Die Rückgewinnung von Phosphor ist schön und gut, aber wenn der Rest nicht richtig genutzt wird, bleibt trotzdem noch ziemlich viel Abfall, der entsorgt werden muss“, meint Theuring. Das sollte aber keinesfalls das Ziel einer Kreislaufwirtschaft sein. Das Ziel sollte sein, möglichst viel zu nutzen.